Die Kunst des Fluchens

Ihr kennt das, Ihr kriegt ein neues Buch in die Finger, es macht Spass, aber irgendwann schleicht das seltsame Gefühl ein dass irgendwas nicht passt. Ihr könnt den Finger nicht so recht drauf legen, die Story ist gut, die Welt ist spannend, trotzdem bleibt während dem Lesen ständig das unangenehme Gefühl als sei ein Körperteil eingeschlafen, ein andauerndes leicht unangenehmes Gefühl.

Ich glaube ich habe jetzt eine dieser möglichen Ursachen gefunden. Das Fluchen. Klingt komisch, ist es auch. Ich selber bin ja durchaus auch, äh, sagen wir, eine, äh, Freundin der, errr, Ausdrucksweise die mancherorts als vulgär bezeichnet werden mag.

Und da fallen mir manche Bücher positiv aus, bei denen auch die Flucherei im Weltbild bleibt, siehe aktuell Brian Staveley mit seinen Chronicles of the Unhewn Throne, bei denen man zu Beginn denkt der gute Mann hätte zu häufig Full Metal Jacket gesehen was die Ausbildung seiner Elitetruppen betrifft (selbiges dachte ich aber auch beim Trailer zu Whiplash), aber immerhin fluchen seine Leute passend zu ihrem Kontext. Und ja, „Kent-kissing, Hull-buggering bastard“ passt eben besser wenn man die Gottheiten dort kennengelernt hat, als meinetwegen ein „god-damned bastard“, gerade in einer polyetheistischen Welt.

Auch Rothfuss hat das mit solchen Kleinigkeiten wie „tiny gods, yes!“ unauffällig, aber fein gelöst. Im Rückblick vermisse ich das z.B. bei Abercrombie’s First Law Büchern, und bei Peter v Brett’s Painted Man bin ich mir auch gar nicht mehr so sicher.

Klar, es sind eigentlich Nichtigkeiten, die fallen an sich nicht weiter auf. Vielleicht merke ich das auch nur weil ich immer auf der Suche nach neuen kreativen Flüchen bin?

Zehn kleine dunkelpigmentierte Kinder …

Politisch korrekte Bücher. Unsere Familienministerin streicht Wörter, wenn sie ihrer Tochter vorliest. Wie läuft das ab? „Und dann traf das Mädchen einen <hust/> und sie sagte …. „?

Sorry, Literatur ist immer in ihrem Kontext zu betrachten, das gilt für Tim und Struppi in Afrika, für Ulysses, für die Iliad, für 1984 und für die Ausweitung der Kampfzone genauso wie für ein Buch namens „Die kleine Hexe“ von 1957. Ich selber habe das Buch nicht gelesen, ich weiss nicht an welcher Stelle da Wörter gestrichen werden, ich halte das Grundvorgehen aber für falsch.

Es gab Zeiten, da war es normal „Neger“ zu sagen, es gab Zeiten, da galten diese Menschen als dümmer und unzivilisierter als andere. Es ist meines Erachtens nach nicht schlimm, diese Wörter in Büchern aus diesen Zeiten stehen zu lassen. Schlimm ist, den Kindern jedoch nicht den Kontext zu erklären, und zu erklären warum diese Sichtweise heute Unfug ist und warum solche Begriffe heute nicht mehr einsatzfähig sind. Ebenso gab es Zeiten, da wurde Homosexualität in den ach so zivilisierten Ländern unterdrückt, verheimlicht und die Betroffenen schämten sich dafür. Daher ist es ok ein Wort wie Schwuchtel aus den 60er Jahren in der Literatur stehen zu lassen und auch hier ist es ebenso zwangsläufig nötig die Erklärung dafür zu liefern.

Sorry Eltern, ihr habt ebenso einen Bildungsauftrag wie einen Erziehungsauftrag. Das ist nicht Aufgabe der Bücher alleine. Es ist keine Lösung Wörter aus Büchern zu streichen, die in einer Zeit entstanden als diese Begriffe gängig waren. Ihr könnt gerne heute Autoren dafür angehen, wenn sie heutzutage solche Begriffe in unpassendem Kontext verwenden. Aber straft nicht Autoren ab, die nur das Zeitgeschehen und die Gesellschaft ihrer Zeit abgebildet haben.

Nicht nur Literatur, auch jede andere Form der Kunst, bildlich, musikalisch und literarisch steht in einem Kontext zu ihrer Gesellschaft und zu ihrem Schöpfer oder ihrer Schöpferin. Drückt euch gefälligst nicht per Streichen und Zensur um einen Diskurs, seht darin die Chancen die Weiterentwicklung zu erklären. Bildet und erzieht und macht es euch nicht so einfach.

Bittedankeschön.