Ich faz es nicht

Da klickt man nichts böses denkend im diesem Internet rum, landet bei bei der FAZ und klickt auf einen Artikel (zum Glück nur im Feuilleton) mit einem schon wunderbar vielversprechenden Titel

Ende des Patriarchats: Der Feminismus hat sich verirrt

Ich dachte jetzt naiverweise es geht um die vielen Ausprägungen des Feminismus an sich, weit gefehlt, es geht mal wieder darum, dass der Feminismus ganz dolle böse ist, wir Frauen eigentlich die Männer gemein unterdrücken, und in Wahrheit die Männer die sich aufopfernden Opfer sind.

Sie bedenkt nicht, dass es mehr Frauen als Männer waren, die Hitler gewählt haben und in den ersten Kriegsjahren mehr Eroberungen forderten, natürlich von den Männern.

Da fehlen mir jetzt einfach nur die Worte.

Zum Beispiel erklärt uns der Autor, dass die sexuelle Übergriffigkeit auf Jungen einen Täterinnenanteil von 20% bis 35% aufweist. Und dass in England die Festnahmen von Täterinnen wegen häuslicher Gewalt gestiegen ist.

Ich überlasse es dem geneigten Leser* darüber nachzudenken wie es mit dem Meldeanteil von häuslicher Gewalt gegen Frauen aussieht.

Während es bei dem aus der Zeit gefallenen Kompliment eines beleidigten Politikers eine kollektive Hysterie gibt, gehen Zeitungsmeldungen noch immer ganz selbstverständlich so: „Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind mindestens zehn Zivilisten getötet worden, darunter vier Frauen und drei Kinder.“ Der Tod der Männer wiegt nicht gleich, und diese Ungleichheit bildet die leichtfertige Gewaltbereitschaft gegen das Männliche ab, die als Sexismus-Indikator allerersten Ranges taugt.

Da bin ich sogar geneigt zu sagen „jo, solche Meldungen braucht es nicht. 10 Zivilisten sind 10 Zivilisten. Schlimm genug“ Dann schafft aber bitte auch die Meldungen ab „bei einem Flugzeugabsturz kamen 26 Menschen um, darunter 3 Deutsche“.

Sie bekommen nur Bruchteile der finanziellen Aufwendungen im Gesundheitswesen, zum Beispiel in der Krebsvorsorge – und das, obwohl sie mehr Krebs haben als Frauen und häufiger daran sterben. Gesetzesinitiativen zur Verbesserung der Lage scheiterten, die Angleichung der Beiträge in der privaten Kranken- und Lebensversicherung waren dagegen erfolgreich.

Gut, ich gebe zu ich weiss nicht genau wie der aktuelle Stand ist, als ich damals noch selbständig war, war bei einer privaten Kasse mein Beitrag im Vergleich zum Beitrag eines Kollegen – gleiches Alter – einen verdammt deutlichen Faktor höher.

Oder nehmen wir die Praxisgebühr, mit der wir uns bis vor kurzem noch herumschlagen durften. Geh ich regelmässig zum Frauenarzt weil ich z.B. die Pille nehme, zahl ich pro Quartal 10€, wegen einer kurzen Untersuchung und einem Rezept.

Und ich kenne genug Männer, die sich der Vorsorge verweigern, weil sie sich nicht im Hintern rumfummeln lassen wollen.

Dann geht es ein bisschen um Lebenserwartung, Männer sterben früher als die Frauen. Aha. Die Feministinnen haben letztens mal die Natur manipuliert und dafür gesorgt dass Männer früher sterben? Böse Feministinnen!!

Dann gibt es ein paar Klischees, in der das Beziehungsleben (natürlich am Modell Mann und Frau) erklärt wird. Da behandelt die Frau nämlich den Mann als „besseren Hausmeister“ Naja, gibt es sicher, wenn der Mann handwerklich geschickter veranlagt ist als die Frau. Gibt es aber auch anders herum. Aber gut, das tut hier natürlich nichts zur Sache, dass es Beziehungen gibt in denen die Frau lieber die Löcher in die Wand bohrt. In denen der eine Partner besser mit einer Stichsäge umgehen kann als sein Freund. Oder die Frau besser kocht als die Freundin, und deshalb die Freundin öfter den Müll rausbringt. Ach, was reg ich mich auf.

Er schimpft aber nicht nur, er fordert auch

1. eine Quote bei den Ausgaben der Krankenkassen: Binnen zehn Jahren sollen maximal vierzig Prozent eines Jahresbudgets an ein Geschlecht allein gehen;

2. gleichberechtigte Elternschaft: Binnen zehn Jahren Sorgerecht für jeden leiblichen Vater, eine Mitwirkungspflicht der Mutter bei der Feststellung einer Vaterschaft;

3. eine Quote in den Erziehungsberufen: Binnen zehn Jahren muss die Verdrängung von Männern gestoppt und umgekehrt werden. Vierzig Prozent männliche Erzieher und Lehrer!

Hm, Punkt 1 kriegen wir sicherlich hin, wenn die Feministinnen nochmal die Natur manipulieren und dafür sorgen, dass auch Männer gebären können. Die Medizin manipulieren und die Krebsvorsorge für Männer einfacher und prognose-sicherer gestalten (und dafür sorgen, dass die Männer auch hingehen)

Punkt 2: Wenn der Vater das will und kann. Das machen wir direkt nachdem wir die Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare sauber im Kasten haben, ja?

Punkt 3: Jahahaha, wenn er ausreichend Männer findet, die überhaupt Bock haben für den albernen Lohn die Arbeit zu machen. (Komischerweise fordert er das nicht in der Krankenpflege)

Lieber Hagen Rether, Du hattest völlig recht „Aber ach, was reg ich mich auf“ Und scheinbar brauchte der Verfasser nur Werbung, er hat nämlich auch ein Buch darüber geschrieben, darum ist er in Klischee Geschlechterfragen Profi.

Hallo, mein Name ist Lain, und ich fürchte ich bin Feministin

So müsste ich mich wohl bei einer Selbsthilfegruppe vorstellen.

Ich hab mich ja langsam von „Bah, bleib mir weg mit dem Emanzenkrams“ zu „Hmm, ich weiss noch nicht so genau was ich von der heutigen Feminismusbewegung halte“ entwickelt.

Das weiss ich auch immer noch nicht, aber im Gespräch nach so ca 1.5 Flaschen Wein (für uns beide!!) habe ich mich dann dabei ertappt da viel Verteidigung an den Tag zu legen. Angefangen hat das ganz harmlos irgendwie mit dem Thema Quote, ich sehe mittlerweile keine gangbare Alternative mehr. Ich denke mit der Quote haben einige betroffene Frauen erstmal schrecklich eine Arschkarte gezogen wegen „Die ist hier ja nur Quotenfrau“, aber ich denke nur durch den Zwang erreichen wir eine Gesellschaft, die das dann nicht mehr als etwas besonderes empfindet wenn eben eine Frau CEO ist. Ich glaube einfach nicht daran, dass wir das aus reiner Vernunft hinkriegen können. Schade, aber wir Menschen sind halt irgendwie doch doof.

Vielleicht war es der Alkohol. Aber Kinder und Betrunkene (und ganz besonders betrunkene Kinder!) sagen die Wahrheit. Mein inneres Ich ist mit dem Feminismus weiter als mein äusseres Ich. Mal gucken ob die beiden sich mal einigen, und auf was.

Nach wie vor als störend finde ich die dogmatische Herangehensweise die bei manchen in diesem ganzen Feminismus-Dunstkreis. Vermutlich störe ich mich deshalb noch daran mich als Feministin zu bezeichnen, da gibt es Exemplare mit denen möchte ich wirklich wirklich nicht auf die gleiche Stufe gestellt werden. Trotzdem sehe ich die Notwendigkeit, auch für die radikaleren und dogmatischen Vertreter und Vertreterinnen. Und sei es nur dafür, dass das Thema nicht wieder komplett einschläft, denn faktisch sind wir nicht in einer gleichstellenden Gesellschaft, auch wenn einige das gerne weg ignorieren (und ich kann mir hier auch nicht ausnehmen).

Auf eine geistige Weiterentwicklung, die von alleine statt findet, zu hoffen ist tatsächlich noch blauäugiger als ich.

Also, wer mit mir das Thema besprechen will, flösst mir vorher ca. 1 Flasche Wein (rot, trocken, kräftig!) ein, mein inneres Ich ist dann auch voll bei Sache 😉

Warum ich nicht zur Feministin tauge

Da ich mich ja seit einiger Zeit mehr mit dem Thema befasse, kommt es mir in letzer Zeit öfter ein wenig so vor, als ginge es da für meinen Geschmack zu schwarz-weiss zu.

Es wird sich z.B. beklagt dass Medien zu wenig auf die Frauen zugingen um sie als Autorin zu gewinnen. Ist es jetzt Aufgabe der Magazine, oder ist es Aufgabe der interessierten Frauen Artikel zu stellen? Vielleicht bin ich auch zu tippfaul veranlagt um kein Problem in dem „Autor werden“ zu sehen. Ich weiss, dass im Java Magazin durchaus gelegentlich Artikel von Frauen drin sind. Ich achte jedoch nicht darauf, es geht mir um die Inhalte, bei denen ist es mir dann egal ob ein Mann oder eine Frau die geschrieben hat. Wichtig ist mir, dass sie hilfreich sind und mir neue Infos vermitteln.

Genauso ist es mir egal ob auf Conventions Speaker, oder Speakerinnen sind. Inhalte! Soll ich jetzt vom Java Mag erwarten, dass sie Frauen explizit einladen? Ganz ehrlich, ich glaube die freuen sich wenn eine Frau ihnen interessante Artikel liefert, genau wie wenn es ein Mann tut.

Sollten wir als Frauen erwarten, dass die Industrie uns explizit anspricht? Ich fühle mich nicht ausgelassen bei den jetzigen Formulierungen. Klar, so idiotische Spots wie der mit den Girl Science waren völlig ohne Frage unterirdisch schlecht, das war sowohl Frauen als auch Männern klar.

Ich habe immer noch Schwierigkeiten mit dem Anspruch der Gleichstellung, denn von den Zwischentönen kommt es mir oft vor als sei ein Stück weit eine spezielle Behandlung gefordert, das irritiert mich. Ausserdem habe ich das Gefühl es wird mehr Finger gezeigt und beklagt, als konstruktive Vorschläge gemacht. Sicher sind konstruktive Vorschläge irgendwie schwierig, denn Frauen sind so verschieden wie alle Menschen verschieden sind, es gibt kein Generalkonzept wie man „die Frauen“ besser erreicht, besser anspricht, etc.

Ich wäre eine ziemlich schlechte Feministin. Oh sorry, nein, ich BIN eine schlechte Feministin.

Mind the gap?

Es häuft sich, dieses wieder verstärkte Bewusstsein für Geschlechterproblematik. Von unbewussten vorurteilsbeladenen dummen Sprüchen – die ja gar nicht so gemeint waren – bis zu offener Anfeindung von FeministInnen.

Wie sieht das im Alltag aus? Muss man sich täglich gegen Vorurteile wehren? Ist es wirklich so schlimm oder werden im Internet häufig nur die krassen Einzelfälle geschildert? Fragen über Fragen.

Ich plaudere hier mal ein bisschen aus meinem Nähkästchen, da ich das Glück(?) habe, gleich mehreren sogenannten Randgruppen anzugehören, die da wären Frau, ausländisches Aussehen und keine Ausbildung in dem Beruf, den ich ausübe.

Meinen ersten Computerkontakt hatte ich mit dem C64 meines Bruders, meine erste Sprache war Tcl/Tk auf Linux und mein erster Editor war emacs.

Ich arbeite derzeit als Java Entwicklerin im Webumfeld. Begonnen habe ich 1997 nach einer Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin und der Erkenntnis das mir der Bürojob als solches nicht liegt.

In der Hochphase der Internetblase kam ich als Trainee bei ID Media unter, lernte dort im Eilverfahren HTML und PHP und zog damit ein wenig durch die Gegend, schaffte den Absprung von PHP und lernte in etwas weniger schnellen Eilverfahren Java, jsp, jsf und viele andere tolle dreibuchstabige Dinge.

Ich bin zwar relativ mädchenhaft erzogen worden, habe jedoch recht früh bei den Jungs die interessanteren Sachen gefunden, und mich lange Zeit gar nicht mit Geschlechtern beschäftigt. Ungerechtigkeit fiel mir in erster Linie im Familienumfeld auf mit dem älteren Bruder, der deutlich mehr Freiheiten hatte als ich.

Bei ID Media waren unter den Webentwicklern neben mir noch eine Frau. Bevor diese kam, fragte mich ein neuer Projektleiter mal „Stört es dich eigentlich nicht die einzige Frau unter den Programmierern zu sein?“ Nein, es störte mich nicht, es war mir nicht mal sonderlich aufgefallen. Bis zu dieser Bemerkung wurde ich auch meines Erachtens nach nicht anders behandelt und nebenan bei den Designern sassen jede Menge Frauen.

Bei einer späteren Firma war ich die Einzige, und dort hatte ich einen Kollegen der durchaus der Meinung war dass ich bei den Entwicklern nichts zu suchen hätte, ich hatte das jedoch mehr unserer persönlichen Animosität zugeschoben als meinem Geschlecht.

In einer anderen Firma traf ich dann einen Kollegen, der wiederum zwar willens war Frauen zu erlauben, jedoch dabei mindestens einen Dipl.Inf. Abschluss voraussetzte.

Trotz all dieser Begegnungen kam ich mir selten vor als würde ich grossartig anders behandelt. Im Nachhinein kann ich sagen, ja, ich wurde anders behandelt und ich habe mich auch anders benommen. Mehr Kampfgeist, mehr Willen, öfter das Gefühl etwas beweisen zu müssen, sowohl mir als auch anderen.

Denn auch ich hatte öfter mal das Gefühl, dies sei keine Branche für manche Frauen. Stop! Erst weiterlesen, dann aufregen 😉

Ich hatte gerade zu Anfang viele Frauen getroffen, die ihren Mädchenbonus ausgespielt haben, gut aussehend, grosse hilflose Rehaugen, und schon sind die Kollegen gesprungen. Da ich nie viel Wert auf Äusserlichkeiten, besonders bei mir selber, gelegt hatte, ging mir dieses Verhalten ganz schrecklich auf den Keks.

Wut gegenüber den springenden Kollegen und Wut gegenüber den Kolleginnen. „Ihr seid die Frauen, die unseren Ruf ruinieren“. Dieser Spruch ging mir oft durch den Kopf, sei es dabei wenn sich die Damen um Arbeit drückten, sei es bei dem bewussten dumm stellen bei Dingen wie Löcher bohren, schwerere Sachen von a nach b tragen, dem Programmieren des Videorekorders, dem günstigen Erwerben von Getränken, you name it.

Für mich war Feminismus immer ein schwieriges Thema, und ist es noch. Ich selber bin erst seit einigen Jahren soweit, dass ich sage, ja, ich kann im Rock auf die Arbeit gehen, aber ich muss trotz allem nicht kichern, pink mögen und quietschen, sondern ich kann meinen Job trotzdem. Ich kann aber auch in kaputten Hosen, Shirt und Turnschuhen gehen und bin trotzdem eine Frau, die ihren Job kann und macht.

Ja, für mich gibt es ein Gendergap wenn ich eine Weile darüber nachdenke. Aber kein sonderlich offensichtliches. Im Gehalt kann ich das nicht beurteilen, aber im Verhalten. Bei anderen, genauso aber bei mir. Daran arbeiten müssen beide Seiten meiner Meinung nach.

Was würde ich anderen empfehlen für ihren Arbeitsalltag?

Haltet euch vor Augen was ihr könnt, was ihr leistet. Daraus ergibt sich was euch zusteht. Respekt und Anerkennung bekommt man nicht durch einen Abschluss oder Geschlecht oder Konfektionsgrösse. Das erarbeitet man sich. Das gilt für alle. Es mag euch vorkommen, als würden andere dafür weniger arbeiten müssen, das ist nicht gerecht. Aber es sind nicht immer nur Geschlechterfragen. Manchmal ist es der mangelnde Abschluss oder der andere Abschluss, manchmal ist es die Arbeit die ihr in einem Projekt erledigt.

Verteidigt eure Arbeit, nicht euer Geschlecht. Beweist eure Kompetenz und euer Wissen. Nehmt nicht alles persönlich, unterscheidet zwischen arbeitsbezogener Kritik und persönlicher Kritik. Analysiert ob der Kollege gerade euch oder eure Arbeit beleidigt habt. Trennt auch eure Reaktion entsprechend auf. Ihr braucht keine Haare auf den Zähnen, aber Durchsetzungsvermögen.

Mit genügend Sensibilisierung fällt einem mehr auf. Jetzt kann man natürlich ketzerisch fragen, ob das mit der erhöhten Sensibilisierung so klug ist.

Es ist nicht unbedingt leicht, aber es wird leichter. Und jede von uns kann beweisen, dass Frauen durchaus die Jobs machen können, die sie haben.

Mein Wunschdenken? Erst Mensch, dann Geschlecht. Wo war nochmal dieser Ponyhof von dem alle reden?

Disclaimer:

Dieser Artikel war eigentlich als Gastbeitrag für ein Genderblog gedacht, wurde dort abgelehnt aus Gründen, die ich teilweise nachvollziehen kann. Da ich unwillig war ihn wegzuwerfen, isser nun eben hier, auch wenn es sich teils um Wiederholungen bisheriger Artikel handelt.

Definitionsfragen, Teil 2

Zuerst: danke für die ganzen Antworten, ich komme näher 🙂

Ok, freie Wahl. Ist wichtig, und noch nicht so frei wie man wohl meinen möchte. Gerade die Diskussion über Mütter und ihre Möglichkeiten hatte ich kürzlich erst mit einem Bekannten. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie gerade die Optionen sind mit KiTa etc. Mir kommt es teilweise so vor als würde die Wahl schon im Vorfeld erschwert aufgrund gesellschaftlicher Regeln. Ich kenne in meiner eigenen Altersgruppe (30-40) Frauen, die der festen Überzeugung sind, Frauen sollten zuhause bleiben bis ihr Kind in die Schule geht. Es fallen zwar keine Worte wie „Rabenmutter“, aber es geht in die Richtung.

D.h. einerseits gibt es die Fraktion, die verlangt dass die Mutter das Kind quasi sofort weggibt und Vollzeit arbeitet, und anderseits die Fraktion, die erwartet dass Mutter das Kind bis zum Alter von 6 oder 10 zuhause betreut. Die Diskussion find ich blöd, denn was geht es uns an, was die Familie will oder sich leisten kann? Aber wieviel hat das mit Feminismus zu tun? Geht es hier nicht ein Stück weit um die allgemeinen Schwierigkeiten sich gegen Erwartungen von aussen durchzusetzen?

Und ich möchte bitte gar nicht erst über realitätsfremde Ministerinnen reden, die noch weniger Ahnung als ich von dem Leben als Durchschnittsmutter haben!

Ok, anderes Thema, mein Erleben von diskriminierenden Situationen. Ich wurde vor gut 10 Jahren mal gefragt „sag mal stört es dich nicht die einzige Frau unter den Programmierern zu sein?“ Ich hatte kurz gestutzt und gesagt „nö, wieso?“ Es hatte mich nicht gestört, die Dev Jungs haben mich nicht anders behandelt, ich hatte da nie drüber nach gedacht. Mit der Frage dieses neuen Projektleitungskollegen habe ich dann mal drauf geachtet um festzustellen, dass die anderen Kollegen sich eigentlich nicht anders verhielten, der neue jedoch tatsächlich bevorzugt zu den Jungs ging.

Das hatte ich dann als einmaliges Problem abgehakt, der war eh etwas doof und mir nur recht, dass er mich nicht belästigte. Vor dann nicht ganz so vielen Jahren hatte ich einen Kollegen, der recht deutlich machte, dass er Frauen in dem Beruf für unangemessen hielt.

So ganz ernst genommen habe ich das nie, dummerweise hatte ich nämlich im Laufe meiner „Karriere“ einen grösseren Anteil Mädels getroffen, die gerne mal ihren Mädelsbonus ausgespielt haben und in Fällen von Problemen mal das hilflose kleine Mädchen gespielt haben. In dem Kontext fand ich es nicht weiter verwunderlich, dass die Kerle sich ähnlich blöde verhielten wie die Mädels.

Erschwerend kommt hinzu dass ich aufgrund meiner sozialen Skills es Leuten eh nie so richtig leicht mache.

Um Missverständnissen vorzubeugen: ich lehne Feminismus nicht ab.

Ich kenne nur leider eben auch die Sorte Frauen, die keine Probleme haben zu behaupten, dass sie auch problemlos bei Sun unterkämen (und zwar aufgrund der Frauenquote und nicht aufgrund ihrer Kompetenzen!), Frauen die ausnutzen dass sie eben mal das Mädchen spielen können um Hilfe zu bekommen. Und sorry, die sehe ich teilweise als grösseres Problem als die Männer. Zumindest mir persönlich stehen die mehr im Weg bei dem Versuch aufgrund von Kompetenz und Wissen akzeptiert zu werden.

Und ich kenne auch Frauen, die das Gender Paygap gerne mal beklagen, und selber gerne hätten dass ihr Chef ihnen freiwillig Geld nach trägt. Sorry, in der Firma in der ich tätig bin, gibt es keine festen Gehaltserhöhungen. Wer mehr will, muss dafür sorgen, dass das passiert. Und zwar nicht durch niedlich sein, auch nicht durch „dicke Hose“ machen, sondern durch Leistung und sachliches Verargumentieren dieser Leistung. Das hat in dem speziellen Fall nichts mit Ellbogen zu tun, sondern eben mit freier Marktwirtschaft, geschäftlichen Interessen und Erwartungen, die auch der Realität entsprechen müssen.

So, das reicht vorerst mal, für’s Protokoll sei nochmal erwähnt, dass es sich hier um subjektive Erfahrungen handelt und ich keinesfalls so tun möchte als gäbe es die Diskriminierung nicht.

Eigentlich will ich nur versuchen zu erklären wo ein Teil meines Verständnisproblems dafür liegt. Daher: erklärt on my dears 🙂

In welche Schublade wollen Sie denn heute?

Ich kapiere es nach wie vor nicht, aber ich gebe nicht auf. Irgendwann habe ich die ominöse Feminismusdings kapiert. Also irgendwann, nicht heute, und nicht morgen, nicht nächste Woche … hmm … mal sehen.

Ich habe mir auf Twitter mal sagen lassen, dass ich wie ein „Gegenentwurf zur boys‘ club Anpasserin“ wirke. Und vor einigen Monaten musste ich mir beim Stehenbleiben am Krawattenstand sagen lassen „wir sind Mädchen, wir tragen keine Krawatten“. Ich beobachte Diskussionen zu einem feministischen Blog und stosse dort auf einen Namensvorschlag „bits & dykes“ und bin ein wenig erschrocken. Für mich persönlich ist dyke immer noch ein extrem unhöflicher Begriff für Lesbe.

Insgesamt kommt es mir so vor als sei Feminismus immer noch arg eingeschränkt, nachdem unsere Vorfahrinnen BHs verbrannt haben, dafür gesorgt haben, dass wir das Wahlrecht haben, scheint es doch immer noch so als wäre die ganze Sache recht fix vorgegeben. Das Nerdmädchen von heute muss Interesse an Mode haben, Makeup können, technisch versiert sein, bunte Nägel haben und bei Glitter hysterisch kichern.

Ich mag keinen Glitter, ich mag manchmal Hello Kitty, aber mit einem Grad Selbstironie. In meinem Fall die Mischung aus Mädchen und Asiatin sein. Ich mag kein rosa, ich mag meine Gadgets in erster Linie funktional. Ich hab manchmal bunte Nägel. Ich mag auch manchmal Krawatte tragen.

Ich denke auch gerne mal über die „männliche Seite“ einer Sache nach. Ich vermisse bei manchen feministischen Aussagen die freie Wahl. Im Jahr 2012 sollte Feminismus auch sein, dass Frauen anderen Frauen eine Wahl lassen. Ob sie glitzernde rosa Plüschkugeln an ihr Handy hängen wollen, oder eben nicht. Beides sollte erlaubt sein. Es sollte erlaubt sein Hosen und flache Schuhe zu tragen, abgekaute Fingernägel zu haben, die InStyle nicht zu lesen und trotzdem ein Linux auf Kommandozeile bedienen zu können. Es sollte erlaubt sein Witze über Frauen zu machen, genau wie es erlaubt sein sollte Witze über Männer, Hasen und Windows Phone User zu machen.

Wir sind in Deutschland, Deutschland hat leider im Gegensatz zu manchen anderen Sprachen eine starke Geschlechtertrennung. Muss ich mich deswegen verrückt machen? Ich behalte mir weiter das Recht vor auf die Frage nach meinem Beruf zu sagen „Programmierer“. Wem die deduktiven Fähigkeiten fehlen, aus meinem Aussehen oder meinem Namen die weibliche Geschlechtsform zu erkennen, hat Pech gehabt. Ich bin zu tippfaul überall ein Binnen-I oder wie das heisst, einzuführen.

Ich verstehe auch immer noch nicht warum es jetzt Flugbegleiterin heisst, und nicht mehr Stewardess und Frisörin und nicht mehr Friseuse. Ich verstehe auch nicht warum ich keine Krawatte tragen dürfen sollte, wenn ich das gerne möchte. Und ich verstehe nicht, warum ich Glitter mögen sollte. Ich verstehe nicht warum andere Glitter mögen, aber wenn sie das mögen, sollen sie halt. Toleranz ftw!

Ich bin keine Boys‘ Club Freundin, aber es fällt mir manchmal leichter die Kerle zu verstehen. Ich verstehe noch immer nicht ganz die Definition von Feminismus heutzutage. Es scheint aber nicht auszureichen sich als Frau (wohl) zu fühlen, und zu benehmen wie ich es für richtig halte unter Einsatz von gesundem Menschenverstand, emotionaler Irrationalität, Wikipedia, Bauchgefühl und persönlicher Definition von Integrität. Schade eigentlich.

Ich vermisse das gute alte „leben und leben lassen“. Oh Moment, nein, das hat es ja noch nie richtig gegeben. Verdammt.

Übrigens habe ich heute schlammfarbene Nägel, und meine Ipad Hülle ist grau, ohne Glitzer. Und ich werde eher töten, als jemand daran Glitzer machen zu lassen. XKCD les ich aber trotzdem weiter. Ich reisse mir auch weiterhin eher die Augen aus, als InStyle zu lesen oder mir zu merken wo ich mir Klamotten kaufe. Und Geek & Poke ist immer noch toll.

Nehmt dies!

Und sobald ich weiss, was ich damit aussagen will, ausser mein Nichtbegreifen des Feminismus, hör ich damit vielleicht wieder auf.

Das Kreuz irgendwie doch ein Mädchen zu sein

Vorneweg: ja, ich weiss, Frauen sollen sich nicht Mädchen nennen, und dann erwarten dass man sie ernst nimmt. Den Spruch kenne ich. Meine Antwort: verpissdu!

Wer es nicht schafft mich ernst zu nehmen, wenn das mal notwendig ist, hat irgendwie ein Wahrnehmungsproblem. Das ist schade, mache ich aber nicht zu meinem Problem.

So ganz blicke ich durch diese Gender Debatte nach wie vor nicht durch (soll heissen, ich blicke es zu 83% nicht). Ich war ja nie so ein Feminismus-Anhänger. Ich gebe jedoch gerne zu, dass die Feminismusbewegung für die Gesellschaft enorm wichtig war. Und vielleicht immer noch ist.

Ich würde auch sagen dass ich mich nach wie vor nicht in erster Instanz als Frau wahrnehme, sondern als Mensch. Als eine Person die nichts vom rote-Handtasche-Tag hält, als Kind lieber mit Jungs gespielt hat, Barbie doof fand, den Amiga des Bruders und seinen Chemiebaukasten ein Vielfaches interessanter fand als blöde Puppen die so gar nix konnten. Eine Person, die als Kind gern ein Junge gewesen wär, in der Jugend immer noch manchmal lieber ein Junge und das irgendwann aufgegeben hat. Die jetzt ca. 5mal im Jahr nen Rock trägt, sich die Nägel anmalt und mittlerweile sogar Makeup verwendet.

Die sich aber immer noch unwohl fühlt, wenn sie Schuhe sieht und sich denkt „amagad, do want!!“ und erst vor einigen Jahren gelernt hat was ein Keilabsatz ist. Und übrigens in hohen Schuhen maximal stehen kann. Und vermutlich selbst da nach wenigen Minuten nach vorne umkippen würde. Auf Actionfilme steht, Nerdwitze mag und wenn es ihr schlecht geht zur Abhilfe Glee guckt. Bei Kittens und in Baumärkten grosse glänzende Augen bekommt.

Eine Person, die ihren Job gelegentlich hasst, aber nach drei Tagen programmieren ein wonniges Gefühl im Bauch kriegt, wenn die Tests funktionieren, das Zeug dokumentiert ist und einigermassen clever konzipiert ist. Die anderen Leuten gerne Smartphones wegnehmen würde, wenn sie damit nicht umgehen können. Gerne eine ordentliche Bohrmaschine besässe. Und ein Laser-Ausmess-Wasserwage-Gerät. Und einen gut sortierten Werkzeugkoffer. Und eine gewisse Handtasche die eigentlich viel zu teuer ist.

Ausserdem eine Person, die einen 200er Puls bekommt, wenn Frauen oder Mädchen sich extra blöde stellen um als hilfloses kleines Ding durchzugehen dem man(n) doch unbedingt helfen muss. Und gerne noch ein paar mehr Roboterfiguren hätte, handwerklich begabter wäre und ein lebensgrosses Han-Solo-in-Carbonit Relief für den Flur will. Und einen Garden Jawa. Und einen 200er Puls bekommt, wenn ein Kerl sagt sie könnte was nicht, weil sie ein Mädchen sei. Oder etwas nix für Frauen sei.

Und immer Schwierigkeiten hat, bei einigen dieser Merkmale nicht ein wenig einen Anflug von seltsamen Gewissen zu bekommen, weil die Mixtur wohl gesellschaftlich noch nicht so ganz in einigen Köpfen angekommen ist. Im Eigenen übrigens leider auch nicht.

Gibt’s da was von Ratiopharm? Oder wenigstens eine App?