Ich hab ja seit einiger Zeit das Audiobuch für mich entdeckt. So als Einschlafhilfe (Es ist dabei extrem wichtig auf die Sprecher zu achten). Da der Film trotz interessanten Trailers völlig an mir vorbei gegangen ist, hab ich mir jetzt The Cloud Atlas von David Mitchell als Audiobuch geholt, in der englischen Version. In der ungekürzten Fassung sind das knapp 20 Stunden, d.h. bei mir vergehen da locker 2 Wochen bis ich das alles gehört habe. Die Sprecher sind sehr angenehm und alle gut verständlich. Betrachtet dies hier als Lese- / Hörbefehl.
Ich spoiler hier ein bisschen, manche haben ja den Film gesehen und / oder das Buch gelesen.
Die erste Geschichte beginnt 18XX irgendwo im Pazifik (jap, Geografie ist mein Kryptonit) mit einem Anwalt und zieht sich bis 23YY in eine postapokalyptische Welt irgendwo in Hawaii.
Jede Episode zieht Spuren in die nächste. Der Anwalt aus dem ersten Teil schreibt ein Tagebuch, welches dem Komponisten in Episode zwei in Belgien in die Hände fällt.
Louisa in Episode 3 wiederum wird als eine Art Reinkarnation des Komponisten dargestellt, gleiches Muttermal und sie hört sein Werk, das „Cloud Atlas Sextet“
Timothy Cavendish, ein Verleger in Episode 4, liest Louisa’s Geschichte als eine Mystery Novel während er selber in ein streng geführtes Altenheim abgeschoben wird.
Das Klonmädchen Sonmi in Episode 5 kennt Timothy Cavendish als Verfilmung. Während sie einem Archivar ihre Geschichte erzählt, kommt hier erneut das Muttermal zur Sprache.
Die sechste Episode ist die erste die bis zum Ende erzählt wird, alle bisherigen brechen mitten in der Geschichte ab. In den Erzählungen erfährt man dass die Welt sich gewissermassen zu Tode entwickelt hat, und die Menschen leben auf Hawaii unter ziemlich primitiven Bedingungen, der Stamm um den geht, betet Sonmi als Gottheit an. Erst durch den Kontakt mit einer anderen Menschengruppe erschliesst sich dem Erzähler die Wahrheit um Sonmi, da die „Prescients“ an der Erkundung der technischen Überreste und Wiederherstellung interessiert sind.
Die noch offenen Episoden werden nun in rückwärtiger Folge erzählt und enden wieder bei dem Anwalt.
Das sieht jetzt so weit eher unspektakulär aus, ergibt aber eine durchaus runde Sache. Gelegentlich fühlt man sich etwas an Aronofsky’s Fountain erinnert. Wer jetzt sagt „bah, sowas gab es doch schon total oft“, dem würde ich gerne das wundervolle Zitat, das in dem Buch dem Komponisten in den Mund gelegt wird, entgegen setzen:
But it’s been done a hundred times before!
As if there was anything that was not done a hundred thousand times between Aristoteles and Andrew Lloyd Webber. As if art is the what, and not the how.
Ebend, und er macht es wunderbar, jeder Episodenprotagonist besitzt einen ausgearbeiteten Charakter, die gesamte Darstellung ist sehr lebhaft und nie eintönig, da jede Episode ihren eigenen Unterton hat, mal ernst, mal philosophisch, mal witzig.
Die Geschichte verfügt zwar über eine gewisse Leichtigkeit, trotz allem bleibt man durchweg eher nachdenklich, die Kritik an der Menschheit, ihrer Entwicklung und ihrer möglichen Zukunft zieht sich durch alle Episoden, ohne ein klugscheisserischer mahnender Zeigefinger zu werden. Ich weiss nicht ob David Mitchell Buddhist ist, aber man fühlt sich häufig an Karma erinnert, daran dass jede Aktion weitläufige Auswirkungen hat, das Wiedergeburtsthema wird ja von Episode zwei nach Episode drei deutlich aufgegriffen.
Und obwohl das Buch als pessimistisches „Da! Ihr werdet alle sterben wenn ihr so weitermacht und unsere Nachfahren leben wieder auf Bäumen wenn ihr nicht auf der Stelle aufhört!“ Warnung ausgelegt werden könnte, endet das Buch in Hoffnung. In Hoffnung in eben diese Menschheit die in der Geschichte bewiesenermassen alles in den Sand gesetzt hat.
If we believe that humanity may transcend tooth and claw, if we believe diverse races & creeds can share this world as peaceably as the orphans share their candlenut tree, if we believe leaders must be just, violence muzzled, power accountable and the riches of the earth and it’s oceans shared equitably, such a world will come to pass. I am not deceived. It is the hardest of worlds to make real. Tortuous advances won over generations can be lost by a single stroke of a myopic president’s pen or a vainglorious general’s sword.