Queers destroy Science Fiction – and one narrator destroys all ze stories

Das Lightspeed Magazine hat zur Zeit die Aktion ‚Queers destroy Science Fiction‘ laufen, ähnlich wie damals Women destroy Science Fiction (and Fantasy, and Horror)

Ich bin ja herrlich unbedarft und nehme beim lesen weniger über die Autor*en wahr. Wenn ich mehrere der Geschichten mag, google ich sicher mal nach der Person um mehr Material zwischen die Finger zu kriegen, orientiere mich aber am Gender, das der Name impliziert.

Aber darum geht es gar nicht, es geht um etwas wirklich Tragisches! Denn so gerne ich zwischendurch Podcasts höre, und mich durchaus auf einen bewusst queeren Einfluss im SciFi Genre gefreut habe … warum Paul Boehmer? Es ist mir völlig unklar, warum der so viel lesen darf, ich finde einfach er macht das nicht gut. Das klingt immer zu gekünstelt, zu stockig im Arsch, ich weiss auch nicht. Gerade bei Black Holes, in einer Geschichte in der auch gender-neutrale Pronomen  eingesetzt werden (yay!), klingen diese bei Paul Boehmer so mühselig, als hätte man einen Deutschen mit bewusst miesem Akzent englisch reden lassen („Where is ze way to ze hospital?“). Auf diese Weise stört mich der Laut zu sehr und unterbindet damit das eigentliche Ziel, nämlich solche Pronomen als völlig normale Alternative einzusetzen.

Ich bin an sich schon eher schmerzbefreit wenn es um Stimmen in Kurzgeschichten geht, aber das ist nun schon die zweite Geschichte aus der „Queers destroy“ Reihe, die ich nach ca. 15 Minuten abbrechen musste, da mich seine Stimme die imaginären Wände hochgetrieben hat. Schade drum, ich hoffe sehr dass ich den Stories demnächst eine zweite Chance geben kann und sie dann selber lese. Some of ze zings sound better in my head :p

Wer also lieber liest, als hört, kann sich bei destroysf.com viel schlauer machen. Und bitte liebe queer Narrators: löst den Mann dort ab!

Unter Moskau verfahren

some spoilers incoming

Zumindest fühl ich mich so, wieso hat mich eigentlich keiner von diesen 784 Seiten abgehalten? Immerhin habe ich jetzt Metro 2033 erfolgreich hinter mir, und geteiltes Leid ist ja bekanntlich vervielfachtes Leid…

Gibt es eine Altersempfehlung für dieses Buch? Ich hab auf die Schnelle nichts dergleichen bei Amazon gefunden, nur viele Pressejubelstimmen und 4 Sterne bei 230 Rezensionen.

Äh, wat? 4 Sterne? Wofür? Ich weiss immer noch nicht was das eigentlich für ein Buch ist. Post-apokalyptischer Coming-of-Age Roadtrip mit einer Prise Horror? Oder so ähnlich, ich hab keine Ahnung. Aber ich bin hochgradig unterwältigt und ein wenig angefressen angesichts der Zeit … ok, Hörbuch, und ja, ich hätte ja auch aufhören können, aber ich hatte gehofft dass es irgendwie noch einen Sinn ergibt.

Artjom, der Protagonist erinnert mich viel zu häufig an den mauligen Simon aus Memory, Sorrow and Thorn. Nix gegen diese Bücher, aber der Bub war manchmal nervig. Ähnlich geht es mir mit Artjom, ab und an möchte ich ihm einfach einen Tritt in den Hintern versetzen, oder ausprobieren ob leichte Schläge gegen den Hinterkopf nicht doch das Denkvermögen erhöhen.

Sorry, aber die Hauptfigur ist unglaublich, hm, blass. Das ist gut, weil er leicht beeinflussbar ist und alles was er unterwegs so trifft, aufsaugt wie ein Schwamm, seien es Satanisten, Christen oder Wurmisten. Seine Fähigkeit diese Dinge in Frage zu stellen ist zwar vorhanden, kommt aber irgendwie immer zu kurz. Also ist das Buch so eine Art Religionstrip? Nö. Schliesslich trifft er ja auch auf Faschisten, Kommunisten und sonstige *isten. Nein, es ist auch kein Philosophietrip. Wirklich daraus lernen tut der Kerl auch nicht. Kann man jetzt streiten ob das gut oder schlecht ist.

Ausserdem gibt es Ratten, schlechtes Essen, wenig Licht, komische Träume / Visionen, Pilze, Moos, Kannibalen, Killer-Bibliothekare, Wahnsinnige, schier unendlich wirkende Vorräte an Munition (wieso gibt es davon eigentlich immer noch so viel, wenn die schon seit Jahren da unten leben und ständig am kämpfen sind?), Wasserfilteranlagen (wer wartet die eigentlich die ganze Zeit?), seltsame Monster und merkwürdige Drogen.

Achja, und Tunnel, massenhaft Tunnel. Also U-Bahn Tunnel. Unter Moskau. Das ist ganz hübsch, aber nicht so richtig praktisch, weil zumindest ich irgendwann verwirrt bin, wenn jede zweite Station Irgendwas-kaja heisst. Und dann haben die Russen auch noch die Unart, dass Personennamen etwas abhängig vom persönlichen Verhältnis sind.

Egal. Die Geschichte kommt bei mir einfach nicht an. Das Setting ist sicher toll, die beklemmende Atmosphäre kommt stellenweise gut rüber, aber ansonsten mäandert der Glukhovsky für meinen Geschmack oftmals zu viel herum. Der prophezeiter-aber-unwissender-Messias-stolpert-herum-und-muss-die-Welt-Retten Plot ist jetzt auch nicht so brandneu und die Umsetzung lässt für meinen Geschmack einfach zu Wünschen übrig.

Ich weiss nicht ob mir da kulturell etwas fehlt, ob die Übersetzung gelitten hat, es erreicht mich einfach nicht, und ich bin ernsthaft verwundert angesichts der Lobhudelei auf diversen Plattformen. Und eigentlich bin ich recht leidensfähig wenn es um Sci-Fi und Dystopien geht.

Ich hätte ja wirklich gerne an Gott geglaubt

zumindest in einem Buch mit dem schönen Titel „Last God Standing“ [leichte Spoilerwarnung]

Als unentschlossene zwischen Atheismus und Agnostik Schwankende, konnte ich mich dem Thema Religionen doch nie so völlig entziehen, bevorzugt jedoch in der humoristischen Variante, nicht als Sachbuch. Da gibt es durchaus viele Romane, ich sage nur American Gods, Lamb, Life of Pi, Norse Code, etc.

Jetzt eben auch Last God Standing. Schöner Titel, an sich eine gute Grundidee, Jesus / Gott gönnt sich ein Sabbatjahr und treibt sich als allergiebelasteter Asthmatiker in einem 08/15 Körper auf der Welt herum. Teil einer grotesk kaputten Familie und was kann mit dem Namen „Lando Calrissian Darnell Cooper anderes werden als Stand-up Comedian? Ja, auf total subtile Weise versucht er über diesen Weg eine Botschaft zu verbreiten, wer hätte es gedacht.

Ausserdem gehen ihm ständig andere Götter auf den Zeiger und versuchen ihn zu töten. So ganz wird nicht geklärt ob Götter jetzt eigentlich sterben oder nur verbannt werden. Da gibt es zum Beispiel Zeus, der einen leichten Hals hat auf den christlichen Emporkömmling, Dionysus der angestiftet wird, aus so ziemlich allen Religionen darf mal jemand durch’s Bild laufen. Christentum wird nicht direkt bevorzugt behandelt, es laufen jedoch auch Luzifer und ein paar Engel durch das Bild. Und – vielleicht weil der Autor zu amerikanisch ist – Islam wird kaum erwähnt.

Und dabei bleibt es leider auch, wirklich Charakter hat kaum einer der Charakter in dem Buch (Sorry for bad pun). Im Nachhinein habe ich festgestellt dass der Autor Michael Boatman auch noch Schauspieler ist. Aber auch das hätte ich nicht abgehalten, Hugh Laurie hat schliesslich auch ein gar nicht so schlechtes Buch geschrieben …

Trotzdem, das Potential für LGS ist vorhanden, die Sprache und die Geschichte an sich überzeugen mich aber nicht, es wirkt manchmal wie etwas das man als Grundlage für eine TV Serie nehmen könnte, sehr episodenhaft, ohne wirklich einen roten Faden aufzuweisen der stark genug wäre die ganzen Momentaufnahmen beisammen zu halten. (Und ich könnte mir vorstellen dass es als TV Serie auch unterhaltsam ist)

Ständige Referenzen auf Popkultur, die manchmal gezwungen cool wirkende Wortwahl und dann wieder zähe Erklärungsversuche für die „technische“ Wirkungsweise der Götter. Unausgegoren. Leider. Von der Idee her hätte ich das Buch wirklich gerne gemocht. Auch die „Message“ die Gott am Ende rüber bringt, ist nicht originell genug. Ich weiss nicht wer Zielgruppe für dieses Buch sein soll, für – sorry – Hobbychristen mag es unterhaltsam sein, Christenfundis würden sicher Erbsenbrei spucken und versuchen ihre Köpfe um 360° zu drehen während sie ihre Fuss- und Fingernägel in die Decke schlagen. Ich weiss nicht. Es ist unterhaltsam, aber nicht unterhaltsam genug. Lukewarm. Sorry, bei Lando Calrissian Darnell Cooper konnte ich da nicht anders.

Und auch wenn Gott am Ende als der Gute da steht. Er bleibt unglaubhaft.

 

Lies doch mal was vernünftiges

Zum Glück aller Beteiligten hat dies schon länger niemand mehr zu mir gesagt, da es mir aus unerfindlichen Gründen gerade aber wieder durch den Kopf ging, maule ich eben an dieser Stelle pauschal alle an, die so eine Unverschämtheit zu anderen oder gar zu mir sagen.

Der Kontext ist meist das Zugeben, dass man gerne Comics, Sci-Fi und Fantasy liest (an dieser Stelle möge der geneigte Leser nicht vornüber fallen, sondern das ‚und‘ auch gerne durch ein ‚oder‘ ersetzen)

Diese Aufforderung erfolgt oft von Leuten, die zwar lesen, aber dann gerne mal Auto/Biographien lesen und oder Selbsthilfebücher, vielleicht historische Romane wegen der realistischen Darstellung [insert skeptisches Husten here] dieser Epochen und – wenn sie sich mutig fühlen – im Urlaub mal vorsichtig in „zeitgenössische Literatur“ rein schnuppern.

Diesen und ähnlichen Leuten sei an dieser Stelle mit meiner charmant subtilen Art folgendes gesagt:

Haltet die Fresse

Es ist schön für Euch, dass Ihr Eure Bildung und Euer Wissen aus biographischen und wohl temperierten recherchierten Büchern bezieht, meinereiner macht das anders. Ja, auch ich lese „zeitgenössische Romane“, ich habe auch schon biographische Werke gelesen und ich werde trotzdem weiterhin auch Sci-Fi und Fantasy lesen.

Was Ihr in Eurer ablehnenden Ignoranz nicht wahrnehmt, oder wahrnehmen wollt, ist dass gerade alte Sci-Fi Bücher ein gangbarer Weg waren die jeweiligen Gesellschafts- und Regierungsstrukturen zu hinterfragen und mehr oder minder offen zu kritisieren. Jedes dieser Bücher kann man lesen und – wenn man den willens ist – daraus Denkanstösse ziehen! Sei es zu der Problematik der fortschreitenden Technik und ihrer Auswirkungen auf die Machtstrukturen ihrer Gesellschaft, zur Globalisierung und der damit einher gehenden weiteren Aufsplittung zwischen arm und reich, zur Genderfragen, zur Auflösung und Neubildung gesellschaftlicher Strukturen. Es gibt eigentlich kein sozialwissenschaftliches Thema, das nicht in einigen Büchern sowohl aus Sci-Fi als auch Fantasy abgearbeitet werden würde.

Und ja, es kommt darauf an wie man diese Bücher liest. Natürlich kann ich eine Vorkosigan Saga einfach zur Unterhaltung lesen, ich kann aber auch die ethisch-moralischen Hintergründe zum Klonen, DNA Manipulation, Transsexualität und traditioneller Geschlechterrollen dabei wahr nehmen und mich fragen wie sehr das die Ist-Gesellschaft widerspiegelt und welche Hoffnung die Autorin dabei in die zukünftige Entwicklung setzt.

Jede Alien Invasion kann als Unterhaltung betrachtet werden, wer sich die Mühe macht die Rassen auf eine Menschengruppierung zu projizieren, erfährt aber vielleicht viel über das Empfinden der politischen Situation des Autors dieser Zeit.

Und Fantasy? Ja natürlich kann man Fantasy abhandeln unter „Drachen, Zwerge, baumknutschende Elfen und jammernde Hobbits“ Muss man aber nicht, man kann sogar Harry Potter lesen und sich fragen was die gute Frau sich bei der Darstellung der Hauselfen eigentlich gedacht hat, und sich unangenehm an Herrenrassen erinnert fühlen wenn sie von ihren „pure bloods“ spricht. Man kann Goodkind’s Bücher lesen und sieht die Angst der Gesellschaft vor Dingen, die sie nicht versteht, und wie mit dieser Angst umgegangen wird.

Und geht doch mal Transmetropolitan lesen und denkt dann noch mal über die Menschheit nach. Und habt Ihr Euch mal gefragt warum damals die ganzen Superhelden so nötig waren?

Also kommt mir nicht mit so herablassenden Aufforderungen, oder dem Gerede von Eskapismus. Was ich an Wissen und Ideen, und – ja auch – Welten aus diesem „komischen Genre“ schon gesammelt habe, taugt für mich besser zur Selbsthilfe als „wie werde ich glücklich in 20 Tagen“ oder „die letzten Tage von Gustav Mahler“

Disclaimer: diese Gemaule richtet sich an Leute die diesen Genres nie eine ernsthafte Chance gegeben haben

A love story, or how „Straight white male“ almost broke my heart

The amateurs, Kill your friends, The second coming, Cold hands … yes, by then I got used to John Niven surprising me. And then came Straight white male. For the first few chapters I had no idea what to expect. At one point – I admit it – I seriously wondered if he would get all soppy and add a horrible „omg, I have cancer, I am going to die soon, I need to change my life asap“ moment. Thank god, he was better than that, and I bend my head in shame ever suspecting such lowly actions of him. Mea culpa, mea maxima culpa and all that.

Really, it is a grand book, it contains some of the most beautiful sentences. I am not sure if there is so much more prose in that book, or if I simply did not pay enough attention to his others.

And I am willing to bet someone else’s liver it is a love story. Love for family. Love for sex. Love for life. Love for love itself. And love for words. Above all, a love for words and writing.

Still, there are the jabs and punches, to pretty much everything. Movies, music, people in general. Understandable, laughable when we don’t consider the people contain us, terribly funny and bitterly true.

As always, when someone manages to write for writing, I feel that burst of pain inside me, which is always followed by „oh never mind, you were a child then and you could never have written anything remotely that good“. It helps, but the pain lingers.

Nevertheless, thank you for that book. For loving books. For loving words. For loving writing. And for being able to put that into words.

Ein Junge, ein Mädchen, ein Ozean

Ich bin Neil Gaiman Fan. Das ist auch gut so. Ich bin so sehr Fan, dass ich dem Gespielen untersage mir das neue Buch vorzulesen, weil es ein Hörbuch gibt, das Gaiman selber liest. Das hat er beim Graveyard Book getan, das war wundervoll, und beim Ocean at the End of the Lane hat er es wieder getan. Ich lasse mir doch nicht vom Gespielen vorlesen, wenn der Autor – der zum Glück sehr gut lesen kann – es selber vor liest!

Ich habe mich auf das Buch gefreut, ich habe die Review (eines Buches und einer Ehe) von Amanda Palmer nur sehr grob überflogen und bin allen sonstigen Reviews aus dem Weg gegangen, um nur ja nichts zwischen das Buch und mich kommen zu lassen. Reviews formen Vorstellungen, Erwartungen und Meinungen. In manchen Fällen will ich das nicht. Gerade bei Gaiman Geschichten sollte man das meiner Meinung nach auch nicht tun. Es ist viel schöner seine Geschichten zu lesen, in der Erwartung einer guten Geschichte und sonst nichts.

Ich habe letztens gehört, dass manche zu Verkaufszwecken Anansi Boys als eine Fortsetzung von American Gods bezeichnen. Schande über Euch!! kann ich da nur sagen. Bisher hat er in Buchform noch keinen Mehrteiler geschrieben. Er nimmt mal Charaktere und gibt ihnen eine eigene Geschichte, das ist aber keine Fortsetzung! Und vielleicht ist es gut, dass er keine Fortsetzungen schreibt.

Egal, Ocean. Wunderbar. Seltsam. Wunderbar seltsam. Ich habe eben Amanda’s Review gelesen und freue mich für sie. Im Gegensatz zu uns, hat er ihr scheinbar etwas erklärt. Aber ich beneide sie nicht darum. Ich kann das Buch mehrmals lesen, hoffentlich immer wieder etwas entdecken, was ich übersehen habe. Ganz verstehen werde ich es – hoffentlich – nie.

Mal sehen wie sich das entwickelt, zu American Gods gibt es eine Webseite, die die Gottheiten sammelt, erklärt und belegt. Vielleicht gibt es irgendwann eine Seite, die den Ocean erklärt. Vielleicht sollte ich sie gar nicht ansehen. Das Buch liess mich in einer Mischung aus Zufriedenheit, Verwirrung, Frustration und Trauer zurück. Aber nicht auf eine unangenehme Art.

Es ist halt eine Gaiman Geschichte, qualitativ ist sie meiner Meinung nach sehr nahe an American Gods, zu vergleichen sind sie inhaltlich überhaupt nicht.

Es ist die Geschichte eines Jungen, der ein Mädchen trifft, ihre Mutter und deren Mutter. Und ihren Ozean der ein Teich ist. Oder eben auch nicht. Die Geschichte eines Selbstmordes, einer Familie, eines Kindermädchens. Eine Geschichte darüber wie Kinder die Welt sehen, wie sie ihr entfliehen. Eine Geschichte über Grenzen. Eine Geschichte die einmal mehr zeigt, wie wichtig Fantasie ist, wie hilfreich. Wie traurig es ist, ihr Grenzen zu setzen, sie zu verlieren, sie aufzugeben. Eine Geschichte über den Konflikt von Realität, wie wir sie als Menschen wahrnehmen und von Realität wie sie vielleicht in Wahrheit ist.

Wer das nicht liest, ist doof selber schuld.

Shake your bones

Hah, weil es ja seit einiger Zeit auch auf deutsch existiert, zitiere ich mich mal eben selbst von der parallel-gesellschaft aus dem Jahre 2010:

Es ist ein wenig schwierig eine knackige Einleitung für das Buch zu finden. Vielleicht reicht manchen ja, dass Warren Ellis das Buch empfohlen hat. Und Scott Westerfeld. Dass es Leuten gefallen wird, die zum Beispiel auch China Miéville mögen. Oder eben einfach nur die Schlagwörter “Steampunk”, “Luftschiffe”, “Waffen” und “Zombies”.

Für diejenigen, die es lieber persönlich und emotionaler mögen: “Der aufwühlende Kampf einer alleinerziehenden Mutter um das Überleben und Wohlergehen ihres Sohnes” Gut, das klingt jetzt ein wenig zu sehr nach einer deutschen Produktion für Privatsender. Streichen wir das. Bleiben wir bei Steampunk und Zombies. Und den Luftschiffen.

Boneshaker spielt in einem fiktiven Seattle um 1880. Der Boneshaker, eine Maschine, die Goldförderung vereinfachen sollte, wurde unter mysteriösen Umständen dazu genutzt, das Bankenviertel von Seattle zu untergraben. Durch die Tunnel und die Erschütterung der Erde trat Gas aus. Gas, das im einfacheren Fall nur tödlich ist, im schlimmeren Fall jedoch die Leute zu Zombies macht. In hastigen Notfallmassnahmen wurde der betroffene Bereich Seattles evakuiert und im Lauf der Jahre wurde eine Mauer hochgezogen, die das Gas im Zentrum hält.

Ausserhalb dieser Mauern lebt Briar Wilkes zusammen mit ihrem Sohn Ezekiel, kurz Zeke, und arbeitet täglich daran, das Erbe ihres Namens hinter sich zu lassen. Tochter eines Mannes, der von den Einen als Held geachtet wird, da er beim Evakuieren des Stadtkerns Straftäter befreite, und bei den Anderen als Verräter gilt, da er beim Evakuieren des Stadtkerns Straftäter befreite. Ehefrau von Leviticus Blue, dem Erfinder eben jener Maschine, die Seattle ins Chaos stürzte. Als sei dies noch nicht kompliziert genug, treibt sich ihr pubertierender Sohn auch noch in fragwürdiger Gesellschaft rum und hat viel zu viele Fragen über Grossvater und Vater, die Briar einfach nicht beantworten will.

In seiner jugendlichen Ungeduld beschliesst Zeke daher, sich seine Antworten selber zu suchen und begibt sich in den abgesperrten Teil des Zentrums. Er hofft, im Haus seiner Eltern diese Antworten oder vielleicht einfach nur die richtigen Fragen zu finden. Was als kleiner Tagesausflug beginnt, entpuppt sich jedoch schnell als ein stressiger und gefährlicher Trip durch Teile Seattles, von deren Existenz er nicht einmal wusste.

Als Briar erfährt, wohin es ihren umtriebigen Sohn verschlagen hat und ein Erdbeben seine Ausgangsmöglichkeit im wahrsten Sinne des Wortes zu Staub zerfallen lässt, macht sie sich per Schmuggler-Luftschiff auf den Weg ihren Sohn zu suchen.

Nun irren zwei Leute durch ein ruiniertes Seattle, das teils bevölkert von Menschen ist und zu vielen Teilen bevölkert von Zombies. In der völlig fremden Umgebung müssen beide herausfinden, wem zu trauen ist, wie man in den Gasnebeln überlebt, welchen Wert Namen haben, sich gegenseitig finden, und eine Frage beantworten, die vieles ändern könnte für die überlebenden Menschen im Zentrum.

Viktorianisches England für Nerds

Ich mag ja Steampunk. Auch wenn dieses Genre in Deutschland nie so richtig Fuss gefasst hat. Ich mag das Setting einfach. Nach langer Pause in diesem Bereich, habe ich mir jetzt kürzlich – trotz gewisser Bedenken – ein Buch von Lilith Saintcrow zugelegt. „The Iron Wyrm Affair“, die Dame hat wohl schon einiges produziert, aber viel aus dieser „Urban Fantasy“ Richtung, also Vampire, viel Frauenpower, Romantik, etc.

Bannon und Clare sind jeweils eine Zauberin, Emma Bannon, und ein Mann, Archibald Clare, der auf den ersten Blick stark an Sherlock Holmes erinnert. (Es ist nicht ganz einfach die Unterteilung „sorceress, witch, magician“ in den passenden deutschen Bezeichnungen ordentlich abzugrenzen)

Die Geschichte spielt in England ca. 17./18. Jahrhundert und Britannia persönlich regiert in Form von regelmässiger Reinkarnationen. Die aktuelle Inkarnation, Queen Victrix, ist noch relativ jung und ist grade erst dabei die Regierung von den Überresten ihrer Mutter zu reinigen. Aus bisher noch ungeklärten Gründen, ist Emma Bannon ihr absolut treu ergeben, und nicht nur ihr, sondern auch Britannia.

Archibald Clare selber ist etwas, was sich Frau Saintcrow von Frank Herbert abgeguckt hat und fast genauso nennt. Er ist ein Mentat (im Original Mentath geschrieben). Sein Schwerpunkt ist Holmes-mässig die Schlussfolgerung aus gegebenen Daten. Computer gibt es keine. Wenn man wie ich nebenbei noch die Dune Romane als Hörbuch hört, ist man kurz verwirrt und rechnet damit altenglische Herren den Butler’schen Djihad kämpfen zu sehen. Das passiert aber – zum Glück – nicht.

Die Protagonisten finden zueinander, weil aktuell jemand damit beschäftigt ist die Mentate in England auszuschalten, Clare gehört zu den wenigen die noch leben und Miss Bannon hat gewisses Interesse daran ihn am Leben zu halten. Einerseits als Köder, anderseits als Denkhilfe.

Im Lauf der Geschichte entwickelt sich die Mordserie dann zu einem grossangelegten Komplott gegen Britannia, als Land und Person.

Als Gegenspieler kommen Drachen, Griffons und Maschinen, die einen Hybrid zwischen Mensch und Maschine darstellen. Bei eben jenen Hybriden freut sich dann der innere Nerd, da es zu kurzen Erwähnungen von Charles Babbage und Ada Lovelace kommt. Freundlicherweise kein Alan Turing, der hätte in der Zeit auch nix zu tun gehabt.

Von der Schreibweise ist die Geschichte durchaus angenehm, mich stört lediglich der deutsche Ingenieur. Wenn die Autoren die Sprache nicht fliessend beherrschen, dann bitte die fremdsprachigen Teile von Muttersprachlern korrekturlesen lassen! Es ist unglaublich irritierend, dass der zwar deutsch spricht wenn er aufgeregt ist, dabei aber Grammatik- und Schreibfehler macht. Klischeehaft isst er übrigens ständig Wurst. Dafür hat er sein Examen an einer Uni in Würzburg gemacht. Italienisch kann ich nicht gut genug, um zu beurteilen ob der Italiener auch Fehler macht.

Die Charaktere selbst sind interessant ausgelegt und machen neugierig auf weiteren Hintergrund zu den jeweiligen Personen, einiges in der Welt verdient noch etwas nähere Erklärung, insgesamt mag ich es aber wenn man als Leser_in vor Tatsachen gestellt wird, deren Zusammenhänge sich im auf des Buches auflösen.

Ihre sonstige Bücher machen den Eindruck stark Romantik-lastig zu sein, das verkneift sie sich bei der Iron Wyrm Affair grösstenteils. Ich persönlich bin dafür eher dankbar. Jetzt bin ich mal gespannt wie sich Teil zwei Ende diesen Monats macht, es scheint aber durchaus eine angenehme Serie zu werden.

Defekter Filter

Ich bin kürzlich bei Twitter über eine Buchempfehlung – naja, falscher Ausdruck, es war eigentlich mehr ein ‚hey, tolles Buch, habt ihr es schon?‘ –  gestolpert, ohne mich gross zu informieren hab ich es dann eben gekauft.

Bah, Kinder, naja, Jugendliche. Und abartige Krebsformen. Nunja, mal gucken. Und dann eben mal kurz nicht aufgepasst und das Buch nicht mehr weggelegt. Ich bin ja an sich kein Freund von Jugendromanzen, auch nicht bzw. erst recht nicht wenn sie mit tödlichen Krankheiten dramatisiert werden. Aber es liess mich dann irgendwie nicht los. Das Mädel mit dem Wasser in den Lungen und der idealistische Krüppel. Die Eltern, die damit leben dass sie nicht wissen wie lang ihr Kind noch lebt. Der Vater, der bei jeder Gelegenheit weint. Die Mutter, die ständig versucht stark zu sein. Der Kumpel, der blind wird und kurz vorher von seiner Freundin abgesägt wird. Das kann ja irgendwie nur in die Hose gehen.

Und dieser Schriftsteller in Holland, der sein Buch einfach nicht richtig zu Ende geschrieben hat. Trotz der Klischees hat es sich an mir festgefressen, und die letzten 30 Minuten des Buches waren schwierig weil ich durch Tränenfilm so schlecht sehe. Kein dramatisch hochwertiges Schluchzen und Heulen, einfach nur als hätte jemand kurz mal den Hahn aufgedreht, wäre weggegangen und hätte vergessen, dass das Wasser noch läuft.

Und ich bin wirklich nicht der Typ für sowas. Ich habe ungelogen noch nie bei einem Buch geweint. Selbst bei Filmen nur wirklich selten. Ich habe bei Requiem for a dream kurz mal geweint, und in einer Szene in der letzten Staffel vom Battlestar Galactica Remake. Das sind die einzigen an die ich mich erinnern kann. Im Alter von 6 Jahren bei Bambi zu heulen zählt nicht. Falls ich das gemacht habe. Normalerweise funktioniert mein Filter sehr zuverlässig. Wenn ich rührselig werden will, kommt die Vernunft, tippt mir auf die Schulter und erklärt mir was für manipulative Tricks eingesetzt werden und ich denke mir „ohja, wie doof, sorry.“

Und dann kommt dieses eine Buch an, und ich benehme mich als wäre ich nicht nah am Wasser gebaut, sondern im Wasser. Ich kann gerade gar nicht definieren ob es die Klischees sind, denn eigentlich wird damit gar nicht so schlecht umgegangen. Und nein, ich behaupte mal das hat nichts mit meinem persönlichen Krebsabenteuer zu tun. Oder wenn dann nur sehr wenig.

Ich bin jedenfalls verwirrt. Also mehr als sonst.

Achja, das Buch … „The Fault in our Stars“ von John Green. Auf deutsch unter dem wesentlich unschöneren Titel „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“. Mag das mal jemand lesen und testen was andere Tränendrüsen dazu sagen? So zur Rettung meines Egos oder so. Bittedankeschön.

Voll auf die Ohren!

Ich hab ja seit einiger Zeit das Audiobuch für mich entdeckt. So als Einschlafhilfe (Es ist dabei extrem wichtig auf die Sprecher zu achten). Da der Film trotz interessanten Trailers völlig an mir vorbei gegangen ist, hab ich mir jetzt The Cloud Atlas von David Mitchell als Audiobuch geholt, in der englischen Version. In der ungekürzten Fassung sind das knapp 20 Stunden, d.h. bei mir vergehen da locker 2 Wochen bis ich das alles gehört habe. Die Sprecher sind sehr angenehm und alle gut verständlich. Betrachtet dies hier als Lese- / Hörbefehl.

Ich spoiler hier ein bisschen, manche haben ja den Film gesehen und / oder das Buch gelesen.

Die erste Geschichte beginnt 18XX irgendwo im Pazifik (jap, Geografie ist mein Kryptonit) mit einem Anwalt  und zieht sich bis 23YY in eine postapokalyptische Welt irgendwo in Hawaii.

Jede Episode zieht Spuren in die nächste. Der Anwalt aus dem ersten Teil schreibt ein Tagebuch, welches dem Komponisten in Episode zwei in Belgien in die Hände fällt.

Louisa in Episode 3 wiederum wird als eine Art Reinkarnation des Komponisten dargestellt, gleiches Muttermal und sie hört sein Werk, das „Cloud Atlas Sextet“

Timothy Cavendish, ein Verleger in Episode 4, liest Louisa’s Geschichte als eine Mystery Novel während er selber in ein streng geführtes Altenheim abgeschoben wird.

Das Klonmädchen Sonmi in Episode 5 kennt Timothy Cavendish als Verfilmung. Während sie einem Archivar ihre Geschichte erzählt, kommt hier erneut das Muttermal zur Sprache.

Die sechste Episode ist die erste die bis zum Ende erzählt wird, alle bisherigen brechen mitten in der Geschichte ab. In den Erzählungen erfährt man dass die Welt sich gewissermassen zu Tode entwickelt hat, und die Menschen leben auf Hawaii unter ziemlich primitiven Bedingungen, der Stamm um den geht, betet Sonmi als Gottheit an. Erst durch den Kontakt mit einer anderen Menschengruppe erschliesst sich dem Erzähler die Wahrheit um Sonmi, da die „Prescients“ an der Erkundung der technischen Überreste und Wiederherstellung interessiert sind.

Die noch offenen Episoden werden nun in rückwärtiger Folge erzählt und enden wieder bei dem Anwalt.

Das sieht jetzt so weit eher unspektakulär aus, ergibt aber eine durchaus runde Sache. Gelegentlich fühlt man sich etwas an Aronofsky’s Fountain erinnert. Wer jetzt sagt „bah, sowas gab es doch schon total oft“, dem würde ich gerne das wundervolle Zitat, das in dem Buch dem Komponisten in den Mund gelegt wird, entgegen setzen:

But it’s been done a hundred times before!

As if there was anything that was not done a hundred thousand times between Aristoteles and Andrew Lloyd Webber. As if art is the what, and not the how.

Ebend, und er macht es wunderbar, jeder Episodenprotagonist besitzt einen ausgearbeiteten Charakter, die gesamte Darstellung ist sehr lebhaft und nie eintönig, da jede Episode ihren eigenen Unterton hat, mal ernst, mal philosophisch, mal witzig.

Die Geschichte verfügt zwar über eine gewisse Leichtigkeit, trotz allem bleibt man durchweg eher nachdenklich, die Kritik an der Menschheit, ihrer Entwicklung und ihrer möglichen Zukunft zieht sich durch alle Episoden, ohne ein klugscheisserischer mahnender Zeigefinger zu werden. Ich weiss nicht ob David Mitchell Buddhist ist, aber man fühlt sich häufig an Karma erinnert, daran dass jede Aktion weitläufige Auswirkungen hat, das Wiedergeburtsthema wird ja von Episode zwei nach Episode drei deutlich aufgegriffen.

Und obwohl das Buch als pessimistisches „Da! Ihr werdet alle sterben wenn ihr so weitermacht und unsere Nachfahren leben wieder auf Bäumen wenn ihr nicht auf der Stelle aufhört!“ Warnung ausgelegt werden könnte, endet das Buch in Hoffnung. In Hoffnung in eben diese Menschheit die in der Geschichte bewiesenermassen alles in den Sand gesetzt hat.

If we believe that humanity may transcend tooth and claw, if we believe diverse races & creeds can share this world as peaceably as the orphans share their candlenut tree, if we believe leaders must be just, violence muzzled, power accountable and the riches of the earth and it’s oceans shared equitably, such a world will come to pass. I am not deceived. It is the hardest of worlds to make real. Tortuous advances won over generations can be lost by a single stroke of a myopic president’s pen or a vainglorious general’s sword.