Das hab ich so aber nicht bestellt

Hm, da denkt man sich nichts böses und lässt sich ein Silikonimplantat einbauen, und am Tag danach schaut man in den Spiegel und denkt sich „what the winzige fuck?? Wo isse hin? Als noch der Expander drin war, sah das grösser aus als jetzt. Hatte mein Doc seine Brille nicht auf bei der OP? Aberwitzigen Sinn für Humor?“

Als ich ihn darauf anspreche mit den diplomatischen und wohlgewählten Worten „äh, die sieht aber verdammt klein aus?!?!“ wirkt er ein wenig überrascht und erklärt mir, dass da jetzt 620 (oder 640) mg drin sind, und die grösstmögliche Prothese gewählt wurde. Was ich angesichts der unförmigen Expanderendphase gerade nicht recht glauben mag, aber auch nicht so genau weiss.

Tja, lange Rede, wenig Sinn. Verheilen muss das jetzt eh erst mal, drin ist sie jetzt, ist ja nicht so als wäre die mit doppelseitigem Klebeband befestigt und wäre einfach auszutauschen, und ich muss jetzt die nächsten Wochen mal sehen was ich davon halte.

Spontan bin ich angefressen und hochgradig underwhelmed, die Vorfreude auf die ganze Sache hat sich null gelohnt. Ich wünschte wirklich, dieses Leben würde aufhören mir bei fast jeder sich bietenden Gelegenheit in dir Fresse zu treten.

Die Trickser in weiss

So, ich sollte gegen 9 Uhr in der Klinik sein, ich war um 8:40 da, ich tauschte Dusche und WC innenliegend gegen ein Einzelzimmer (das viel von meiner Vorstellung einer Gefängniszelle hat). Dann habe ich müde, hungrig und durstig bis kurz nach 12 gewartet, bis ich dann doch noch operiert wurde.

Wie befürchtet war ich beim Aufwachen zu groggy für „Doktor, konnten Sie meinen Arm retten??“ Dafür wartete bereits Besuch auf mich, was der Schwester, die mich abholte ein leicht vorwurfsvolles „Sie haben ja gar nicht gesagt, dass sie eine Tochter haben!“ entlockte. Ehm, ja, gut, das haben wir dann auch geklärt.

Die erste Nacht war an sich ok, allerdings haben sie wohl während meiner Vollnarkose Twister mit mir gespielt, Rückenschmerzen, Nackenschmerzen und ein leicht tauber rechter Arm.

Der perfide Trick der Ärzte, unangenehmen Fragen aus dem weg zu gehen ist der, dass man die Visite so früh am Morgen macht, dass das Patiententier noch so verpennt ist, und eh nur die Hälfte mitbekommt.

Was ich allerdings mitbekommen habe, war dass einer meiner OP Ärzte sagte „Die Kapsel ist immer wieder aufgerissen, da mussten wir dann ein bisschen tricksen, die Haut ging aber super zu nähen“

Liebe Ärzte, achtet doch ein bisschen mehr auf Eure Ausdrucksweise, für Euch mag eine reissende Kapsel ähnlich ärgerlich sein wie für mich eine vergessene Debug Meldung, aber „da mussten wir etwas tricksen“ klingt für mich so:

Arzt1: sooo
Arzt2: ehm schon wieder gerissen!
Arzt1: ach Scheisse!!
Schwester1: Haha, du schuldest mir 2 Bier!
Arzt1: Mist, das müssen wir anders machen, wart ma
Arzt1 zu Arzt2: also, du klammerst das da mal fest
Arzt1 zu Schwester1: du hältst das dann da fest
Arzt1: und wenn das da drüber liegt, näh ich hier fest
Arzt2: super, dann tacker ich einfach die Ecke da rüber und dann sieht das später keine Sau mehr!
Schwester1: hm, naja, gut, wenn das wirklich hält, geb ich dir ein Bier aus!
Arzt1: klar hält das, die Haut drüber genäht und es sieht aus wie gewollt

Also bitte, sagt nicht tricksen, sagt meinetwegen alternativer Lösungsweg 😉

Ich hätt‘ gern was in die Brust

Gesagt. Getan. Naja, fast. Immerhin hatte der Arzt heute mal Zeit für mich. Da er nicht so viel Zeit hatte, konnte er mich nicht mal zu Tode reden.

Wir reden also von 3-4 Tagen Krankenhausaufenthalt, bei dem das lustige Titannetz und der Expander eingesetzt werden. Laut Wikipedia ist Titan paramagnetisch, macht also auch keinen Unfug im Flughafen oder MRT Röhre wenn ich das richtig verstehe. Das Netz wird irgendwie am Brustmuskel festgetackert um zu verhindern dass die finale Silikonprothese sich im Körper verlustiert und auf Wanderschaft geht. Klingt gruselig, ist es auch.

Dann kann man so ca. alle zwei Wochen 50-80ml nachfüllen. Und ja, da ist wirklich eine Art Ventil an dem Expander. Und nein,  ich werde nicht fragen ob man da auch andere Flüssigkeit einfüllen kann.

Die finale OP ist angeblich noch kürzer. Ob die bestrahlte Haut das so mitmacht, lässt sich wohl leider nicht frühzeitig feststellen, das merkt man dann oder eben nicht. Ich probiere das aber trotzdem. Die Eigengewebeverpflanzung find ich eher unschön. Auch wenn man aus meinem Bauch derzeit wohl locker 2 Brüste bauen könnte.

Wenn das jetzt so läuft wie geplant, kann ich also Anfang Juni heiter unter’s Messer springen. Einen Tag vorher finde ich das vermutlich gar nicht mehr heiter. Und einen Tag danach finde ich es vermutlich exrem unheiter.

Achja, obwohl das ein gängiger Eingriff ist, hat sich scheinbar noch kein Sanitätshaus darüber Gedanken gemacht den Frauen während dem Prozess prothesentechnisch an die Brust unter die Arme zu greifen. Zumindest war dem Doc keine Lösung bekannt ausser „hier sind Wattebällchen, viel Glück!“

Meh. Sag ich dazu mal. Gerade im Sommer ist das ja voll praktisch. Nicht.

The Unterhaltungswert continues

So, nachdem ja nun lange im Westen nix Neues war, abgesehen von der das-darf-ich-hier-wieder-nicht-sagen des MDK, geht es jetzt halt sehr einseitig weiter.

Operation G2B! (nein, das steht nicht für „Gustomer 2 Business“ liebe Franken)

Nachdem ich zwei Tage damit verbracht habe, mich durch unzählige Telefonnummern der Uniklinik durchzuarbeiten, ist es mir heute tatsächlich gelungen den richtigen Arzt ans Telefon zu kriegen.

Die Ärzte die meinen Wiederaufbau aufbauen, sind die gleichen Herren die auch meinen Vorbau teils-abgebaut haben. Das ist einerseits gut, weil ich die schon kenne, anderseits vielleicht nicht so gut weil die Narbe echt nicht schön ist.

Der eine der beiden Herren ist gerade noch in Elternzeit, der andere Herr Doktor ist zwar nett und umgänglich und alles, aber: fürchterlich redselig. Ganz fürchterlich redselig. Und er war auch stolz darauf mich wieder erkannt zu haben „Ach, Sie sind die Computerspezialistin (*grmpf*) richtig? Mit dem Tattoo (das ist das doofe an Vollnarkose und Oberkörper OP, es lässt sich nicht verhindern dass da alle beteiligten so ziemlich alles sehen)?“ Ja, bin ich. Dann wurde er noch redseliger, und während wir eigentlich vereinbaren, dass ich einen Termin vereinbare, redet er weiter und weiter und weiter und erzählt mir 30% von dem was er mir beim vereinbarten Termin dann nochmal erzählt.

„Wurde die Seite bestrahlt?“ – „Jap.“ – „Oh.“ [Stille] – „Oh ist ja so was, was ich gar nicht gerne von Ärzten höre“ – „Ja, ich weiss, aber ich MUSS das da sagen. Die Haut ist dann einfach nicht mehr so gut“ – „Okeeee, naja, Sie gucken sich das dann halt einfach noch mal an und sagen dann halt ‚oh‘ oder auch gerne etwas anderes'“ – „Ja sicher guck ich mir das an, aber das ‚oh‘ bleibt wahrscheinlich“

Gut, es gibt Theorien über einen hippOHkratischen Eid, die ich hier nicht wiederholen möchte …

Die Schwester hat mir witzigerweise schon extra einen späten Termin gegeben „Sie wissen ja wenn Sie mit ihm telefoniert haben, dass der gerne, äh, lang spricht“ – „Jup“ – „Und wenn Sie dann vor ihm sitzen, dann wird das, äh, nicht unbedingt weniger“ Wir hoffen nun beide dass dann er seine Stimmbänder schon völligst über-oh-t überarbeitet hat und mir vergleichsweise kurz ein Oh Ohr abkaut.

Oh, und ich muss unbedingt mehr über das Titannetz erfahren, er hat mir den medizinischen Begriff heute nochmal erzählt, das sagte der andere Doc schon, dann meinte der heutige „Na dann wissen Sie ja schon was ich Ihnen dann nochmal erzählen muss“ Ich hätte an dieser Stelle vielleicht nicht zugeben sollen, dass ich bei solchen Gesprächen die Konzentrationsfähigkeit eines Eichhörnchens auf Cola habe und 2 Stunden später schon gar nicht mehr so recht weiss, was mir alles erzählt wurde.

Schnell! Gibt es schon schnurlose In-Ear Kopfhörer?? Ich frage äh, für eine Freundin!

Entschuldigen Sie meinen Wutanfall

(Disclaimer: frustgetriebener Rant, keine Struktur, keine Moral)

Vor kurzem kam die Nachricht, dass es unseren Krankenkassen finanziell blendend geht. Hurrah. Schön für die Krankenkassen. Die Regierung erwägt jetzt sogar die Abschaffung der Praxisgebühr. Hurrah.

Ich dagegen bekam letztens einen Brief, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen mal wieder ablehnt, dass ich mir prophylaktisch meine linke Brust abnehmen lasse und beidseitig einen Wiederaufbau betreibe. Es besteht laut Paragraph Bla im Bla-Buch keine medizinische Notwendigkeit.

Ich hab jetzt ehrlich gesagt keine Ahnung über was für einen Kostenpunkt wir hier reden, ich behaupte einfach mal tollkühn auf jeden Fall weniger als erneute komplette Krebsbehandlung UND Wiederaufbau.

Meine Bewertung stützt sich dabei auf Daten die zum einen aus der Histologie des damaligen Tumors stammen, zum anderen aus dem Gentest, dem ich mich unterzogen habe. Der Gentest wiederum beruht auf der Suche nach bekannten Krebs-Genen (atm 2 oder 3) und dem familiären Hintergrund. Als Import-Kind ist mein familiärer Hintergrund nicht bekannt. Daraus wird gnadenlos optimistisch geschlossen dass alles gut ist.

Ich bin jetzt in der Altersgruppe zwischen 35 und 40, das Krebsabenteuer ging mit 35 los, der Tumor war schnellwachsend, aggressiv und alles in allem wohl ein Arschlochtumor. Der ist raus und ich hab keine Brust mehr. Den Wiederaufbau für die Seite muss die Krankenkasse eh zahlen.

Jetzt habe ich diverse Argumente warum ich links die prophylaktische Entnahme will.

  • So ganz und gar keine Lust auf eine erneute Behandlung
  • Überhaupt keine Lust auf eine erneute Behandlung
  • Ich will nicht in 10-15 Jahren eine künstliche Brust haben die steht wie ein Zinnsoldat, und links eine aufgrund natürlicher Gewebealterung chillig rumhängende Brust
  • Ich will keine erneute Behandlung wenn da noch mal was kommt

Soweit, so Pech.

Wiederaufbau einseitig. Meh. Und nein, ich will es so nicht lassen, Eris nervt manchmal ungemein. Ausserdem schränkt sie ein. BHs nur auf Rezept, die Krankenkasse gönnt frau exakt zwei – in Zahlen 2 – BHs pro Jahr. Irre. Davon ist ein Modell schöner als das andere. Nicht. Ausser man mag weiss, beige, breite Träger, breiten Unterbrustgurt und Blümchen. Regelmässiges Waschen trägt auch nicht zum dauerhaften Erhalt dieser Modelle bei. Die Taschenseite, die bei mir in Benutzung ist, reisst leicht ein.

Ich habe keine sonderlich grossen Brüste. Ich will wieder billige BHs kaufen die wenig halten, aber gut aussehen. Ich will nicht mehr bei Oberteilen darauf achten müssen, ob der Ausschnitt so tief ist, dass man sehen kann dass da ein Brustansatz fehlt.

Ich will nicht hören, dass unsere Krankenkassen zuviel Geld haben. Wenn ich noch einmal von einer A bis F Promifrau höre, die hoch gejubelt wird, weil sie ach so tapfer ihren Brustkrebs bekämpft hat, und guck wie sie jetzt aussieht, lauf ich wirklich Amok. Diese Frauen haben eine Riesenauswahl aus Ärzten, Kliniken, etc weil sie nicht auf ihre Zeit und ihr Geld achten müssen, tagtäglich schlagen sich Hunderte von „normalen“ Frauen damit herum, und die kriegen dann von ihrer Krankenkasse ähnlich wie ich einen Tritt mitten in die Fresse.

Dummerweise kann ich die Schuld vermutlich nichtmal direkt auf die Kasse schieben, sondern auf die Paragrafenreiter beim MDK.

Bei der ersten Absage wurde mir indirekt unterstellt ich bräuchte eine Therapie – brauch ich, aber nicht deswegen – und ausserdem sei es eine leichtfertig getroffene Entscheidung ein gesundes Körperteil entfernen zu wollen. Sorry, ihr könnt mir verdammt nochmal den Bucken runter rutschen. Ich bin zwischen 35 und 40. Ich treffe so eine Entscheidung verflucht nochmal nicht leichtfertig. Ich trenne mich nicht aus einer verdammten Laune heraus von Körperteilen! Und ich brauche auch keine verfickte Therapie! Nicht deswegen. Ich weiss dass meine Weiblichkeit durch das Fehlen einer Brust nicht gemindert wird. Ich WEISS dass ich immer noch eine Frau bin. Aber ihr wisst ganz offensichtlich NICHT IM GERINGSTEN wie es langfristig ist, mit nur einer Brust und einer Prothese namens Eris herumzulaufen. Bei massenhaft Klamotten zu sagen „oh, ne, kann ich nicht tragen“. Ihr Arschgeigen habt keinen Plan wie es ist sich mit einem nicht kompletten Körper zu arrangieren. Und egal wie sehr ich mich darüber gerade aufrege, es ist KEINE leichtfertig getroffene Entscheidung, keine Frau die bei klarem Verstand ist, trennt sich freiwillig einfach so von einer Brust!

Und wenn jetzt irgendwer in den Kommentaren blöde Witze über Amazonen und Bogenschiessen reisst, explodier ich.

 

 

 

The weight of things to come

ist ca. 450Gramm. Zumindest hat das der Doc heute so geschätzt. Ich war heute mal da um mich mit konkreten Infos bezüglich Wiederaufbau bewerfen zu lassen.

Die Variante Aufbau aus Eigengewebe ist ja schon lange raus wegen „urgh, noch mehr Narben? Wie, Gefäss-Chirurgie??“ Bleibt also quasi nur Silikon, mir wurde auch versichert dass ich da ganz toll hochwertiges Zeug reinkriege, nichts aus dem Baumarkt und nichts von dieser Firma aus Frankreich die da letztens eine Art „Brustrückrufaktion“ starten musste.

Ich liege dann also noch 2mal unter dem Messer, einmal Narbe auf, Expander und eine Art „Titannetz“ (wtf?? (mein erster Gedanke war „Tittennetz?“)) unter den Brustmuskel, Narbe zu. Mit etwas Glück wird die dann auch nochmal zurecht geschnitten und wird weniger hässlich. Kommentar des Arztes war ein unzufriedenes „Na das hätte ja auch schöner zuheilen können“, ich nehme mal an, er war nicht derjenige welcher mir da vor 2 Jahren enthusiastisch was rausgeschnippselt hat und dann wohl weniger enthusiastisch zugenäht hat. Ist aber wirklich keine schöne Narbe, da geb ich ihm Recht.

Dann wird so ca. alle 2 Wochen aufgefüllt, bis zu einem Volumen von ca. 500ML, dann wird die Narbe wieder aufgemacht (die dürfte sich dann auch bald fühlen wie eine Aufzugtür), der Expander raus, das qualitativ hochwertige Silikon rein.

Dann wird gehofft dass ich nicht dieses Dingens namens Kapselfibrose bekomme und die nächsten 15 Jahre kein Krankenhaus von innen sehen muss, vor allem nicht als Patient!

Insgesamt klingt das sehr harmlos, die Dehnphase muss aber wohl schon etwas schmerzhaft sein. Ich solle die Arme nicht über den Kopf heben und keinen Sport treiben. Ich hab ihm dann versichert, dass der Verzicht auf Sport mir enorm leicht fallen wird und ich einen Sitzjob habe mit einstellbarer Sitzhöhe.

Bisschen ekelig wurde es bei dem Thema Nippelrekonstruktion. Man könne in der plastischen Chirurgie etwas machen, was ich mal hässlich als „Spaltenhaut verlegen“ bezeichne. (Das gibt jetzt gleich wieder ulkig enttäuschte Google Treffer) Da kann Frau sich doch allen Ernstes aus dem Genitalbereich Haut entfernen lassen, die dann „aufgespannt“ verpflanzt wird, damit man keine biologisch unkorrekten Barbie Boobs hat, sondern auch einen Pseudonippel. Abgesehen davon dass ich mir das in Verheilungszeit hochgradig wiederwärtig vorstelle, muss ich doch sagen ’ne danke‘. Wozu auch? Das Spassgewebe ist dann eh weg, diese Verlegung wäre rein optisch.

Sch… auf Optik sag ich da, da lasse ich mir eher in 2 Jahren was Hübsches hin tättowieren als dass mir da jemand unten Haut wegschneidet! Ouchn!

Aber in Zukunft kann ich auf eklige Vorschläge sagen „sorry, da lass ich mir doch eher Spaltenhaut verlegen“

In diesem Sinne bin ich vielleicht so in zwei bis drei Tagen auch wieder gewillt nicht mehr mit überschlagenen verkrampften Beinen dazusitzen …